Unbestimmte Rückenschmerzen, Reha oder drohende Berufsunfähigkeit

Ein orthopädischer Stuhl als Teil der Lösung

Es gibt angenehmere Vorstellungen: Mit einem unbestimmt schmerzenden Rücken acht oder mehr Stunden vor dem Rechner zu sitzen, gehört für die Wenigsten zu den Dingen, die man erlebt haben muss. Dennoch sind Rückenschmerzen, ein unangenehmes Ziehen oder Spannen im Rücken ein ständiger Begleiter für Werktätige geworden, die große Teile ihres Tages am Schreibtisch sitzend verbringen. Ein Teil der Problemlösung kann die Anschaffung eines orthopädischen Bürostuhls sein. Was die wenigsten wissen: Die Deutsche Rentenversicherung hilft bei der Anschaffung.

Tisch und Stuhl, als täglich benutzte Werkzeuge betrachtet

Seit Menschen arbeiten, benutzen sie Werkzeuge. Durch die Veränderung der technischen Möglichkeiten und der Bedürfnisse veränderten sich auch die Gegenstände, die Arbeiter brauchen. Zwei Epochen haben in diesem Zusammenhang zu großen Veränderungen geführt: die Industrialisierung und, ein knappes Jahrhundert später, die flächendeckende Einführung von Computern in alle möglichen Berufszweige. In einer Zeit, in der auch Zimmerer nicht umhinkommen, sich ein oder zwei Rechner ins Büro zu stellen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, sind einst so vielfältige Berufsbilder – zumindest von außen betrachtet – ziemlich gleich geworden. Egal, ob Anwalt, Vertriebsleiter, Arzt, Großhandelskaufleute oder Buchhalter: Alle starren mal mehr und mal weniger lang auf Displays – und sitzen dabei. Sogar für Studenten findet die Zeit außerhalb des Hörsaals meist hinter dem Laptop statt. Durch die Verkürzung der Schulzeit und der Studiengänge hat auch das Bildungssystem die Tage von Schülern und Studenten länger gemacht – und somit auch die Zeit, die auf Stühlen verbracht werden muss. Kurzum: Es wird allgemein viel zu viel gesessen.

Lange Zeit galt ein leistungsfähiger Computer, der schnelle Internet-Anschluss und die Telefone in der Wahrnehmung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern als hauptsächliche Werkzeuge für Bürojobs. Seit aber Rückenprobleme von Ärzten und Krankenkassen als Volkskrankheit wahrgenommen werden, haben zunehmend auch Tisch und Stuhl den Status von „Werkzeugen“ erhalten. Kurzum: Ein weitsichtiger Arbeitgeber und ein gesundheitsbewusster Selbstständiger legen bei der Einrichtung eines Arbeitsplatzes mindestens genau so viel Augenmerk auf die Möblierung wie auf die Technik.

Orthopädischer Bürostuhl: Welche Varianten gibt es?

Gerade im Hinblick auf Stühle hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Von einem anständigen Bürostuhl wird mittlerweile erwartet, dass er zumindest über eine höhenverstellbare Sitzfläche, anpassbare Armstützen und eine justierbare Rückenlehne verfügt. Als orthopädischer Bürostuhl gilt ein Sitzmöbel, das sich ergonomisch an die Bedürfnisse des Benutzers anpassen lässt – auf gut deutsch: auf dem man gesund sitzen kann. Meist werden sie aber erst verwendet, wenn langes Sitzen zu Schmerzen oder orthopädischen Problemen führt – die dann gelindert werden sollen. Leidet ein Arbeitnehmer beispielsweise an starken, unbestimmten Rückenschmerzen, einer rheumatischen Erkrankung oder an den Folgen eines Bandscheibenvorfalls, kann ein geeigneter Bürostuhl die Rückkehr ins Arbeitsleben erleichtern.

Der richtige Ansprechpartner: Die Deutsche Rentenversicherung Bund

Unter diesen Umständen tritt auch die Deutsche Rentenversicherung auf den Plan. Zu ihren gesetzlich festgelegten Aufgaben (§§9 ff. SGB VI) gehören auch Leistungen zur Teilhabe, „um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und Beeinträchtigungen seiner Erwerbsfähigkeit zu verhindern.“ Einfach ausgedrückt, bedeutet das in groben Zügen: Wenn ein Arbeitnehmer Gefahr läuft, durch eine Erkrankung nicht mehr arbeiten zu können, hilft die Deutsche Rentenkasse auch bei der Anschaffung eines orthopädischen Bürostuhls. Bedingung ist, dass die Erwerbsfähigkeit des Betroffenen erheblich gefährdet oder gemindert ist und mit der Anschaffung eines solchen Bürostuhls wieder hergestellt werden kann beziehungsweise die Gefahr der Erwerbsunfähigkeit ganz abgewendet werden kann.

Kämpft man sich nur ein paar Zeilen durch die Bedingungen, wird schnell deutlich: Wer nur bequemer sitzen will, weil er nach einem Arbeitstag ab und an verspannt nach Hause geht, kann sich den Zuschuss oder die Kostenübernahme für einen orthopädischen Stuhl an den Hut stecken. Wer allerdings die Folgeerscheinung einer vorhandenen Behinderung durch eine Krankheit ausgleichen möchte, ist bei der Deutschen Rentenversicherung an der richtigen Adresse.

Der Arbeitsschutz greift hier übrigens nicht: Arbeitgeber sind lediglich dazu verpflichtet, ihren Angestellten ergonomische Sitzmöbel zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet nicht, dass sie ihren Angestellten Spezialmöbel anschaffen müssen, die individuellen Einschränkungen durch eine Krankheit Rechnung tragen. Kurz: Ein klassischer Bürostuhl – ja, ein Spezialstuhl, dessen Einstellungsmöglichkeiten etwa auf eine Morbus-Bechterew-Erkrankung zugeschnitten sind – nein.

Die medizinische Sicht: Nicht der Bürostuhl heilt, aber im Team ist er stark

Vor dem Gang ins Möbelhaus oder in den Onlineshop eines Büroeinrichters sollte eher ein Arztbesuch stehen. Denn, wenn’s dauerhaft zwickt im Kreuz und alle bekannten Übungen, die von Krankenkassen und Gesundheitsmagazinen vorgeschlagen werden, nicht helfen, kann ein tieferes medizinisches Problem vorliegen. Dr. Christian Schneider ist Chefarzt des Sportorthopädischen Instituts und Rückeninstituts an der „Schön Klinik“ in München Harlaching. Der Sportmediziner ist als Experte für konservative Behandlungen tätig und erklärt die klassische Vorgehensweise folgendermaßen: „Wenn ein Patient über neu aufgetretene Rückenschmerzen klagt, ist es zunächst wichtig, akute Probleme wie etwa einen Bandscheibenvorfall oder eine aktivierte rheumatische Erkrankung auszuschließen beziehungsweise dann entsprechend zu behandeln.“ Als begleitende Therapie während der Reha könne ein geeigneter Bürostuhl oder eine Stuhl-Tisch-Kombination durchaus helfen, bestätigt der Facharzt. Derartige „intelligente“ Möbel lassen sich nämlich noch spezifischer an die Bedürfnisse des Patienten anpassen als herkömmliche Büromöbel.

Gerade bei unbestimmten Rückenschmerzen, die keine tiefergehenden medizinischen Ursachen haben, kann ein orthopädischer Bürostuhl helfen. „Im Idealfall sind sie mit beweglichen Teilen ausgestattet, so dass aus dem statischen Sitzen eine konstante Bewegung wird“, so Dr. Christian Schneider. „Eine Zeit lang waren diese Sitzbälle sehr beliebt“, erinnert er sich. „Wenn ich davon ausgehe, dass die Wirbelsäule andauernd bewegt sein sollte, bin ich mit einem solchen Sitzball in der richtigen Größe durchaus auf der richtigen Spur.“ Deren Beliebtheit habe aber mit der Zeit stark abgenommen, berichtet er. Nämlich, als ihre Benutzer auf einmal neue Schmerzen hatten: Muskelverspannungen. „Es liegt im Wesen eines Balles, dass ich darauf nie ruhig sitzen kann und – das ist der gewünschte Effekt – mit dem Rücken ständig Ausgleichsbewegungen machen muss, die wiederum die Muskulatur stärken.“ Wie es aber mit jedem sportlichen Training sei, das man aus dem Stand acht oder mehr Stunden am Tag ausübe: „Das gibt Muskelkater.“ Er empfehle für den Anfang Stühle, deren Sitzflächen ein bewegtes Sitzen, aber entspannt, zulassen. Elementar wichtig für alle Büromöbel sei, dass sie rechtwinklige Ebenen erlauben. „Hüfte, Knie und Ellbogen sollten in einem 90-Grad-Winkel zum Oberkörper, den Oberschenkeln und den Unterarmen gelagert werden“, so Dr. Christian Schneider. Eine Diagnose, die zwangsläufig einen orthopädischen Stuhl nach sich zieht, gebe es nicht. Außerdem: „Ein solcher Stuhl kann immer nur Teil der Therapie sein und nicht die Therapie selbst.“

Der richtige Weg zum Fachhändler führt durch den Papier-Dschungel

Grundsätzlich kann jeder auf die Deutsche Rentenversicherung zugehen, der sitzend arbeitet und mit einem geeigneten Büromöbel sicherstellen möchte, dass er auch weiterhin arbeiten kann – ob dafür nun ein besonderer Stuhl oder Tisch notwendig ist. Typische Situationen wären etwa zum Beispiel überstandene Bandscheibenoperation, eine versteifte Wirbelsäule, Hohlkreuz, Erkrankungen des Skeletts oder der Bein-Venen. Entsprechend kommt die Empfehlung, ein solches Möbel zu beantragen, häufig von einem Arzt. Wie sich diese Empfehlung am besten umsetzen lässt, erklärt Grit Wolter von der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Obwohl sich der Weg zum orthopädischen Büromöbel nicht besonders kompliziert darstellt, lauern ein paar Fußangeln. Die verhängnisvollste gleich vorweg: Nicht vorschnell handeln. „Wie für alle Realleistungen gilt auch beim orthopädischen Bürostuhl: Erst den Antrag bewilligen lassen und dann einkaufen.“ Wer Fakten schafft und nachträglich eine Rechnung einreicht, verwirke in der Regel seinen Anspruch auf Teilhabe. „Die richtige Reihenfolge sieht vielmehr folgendermaßen aus: Erst die Anträge anfordern, ausfüllen, ein Schreiben vom Arzt hinzufügen, einreichen und auf Bewilligung warten“, so Grit Wolter. Konkret benötige der Antragsteller auf jeden Fall einen „Antrag auf Leistungen zur Teilhabe für Versicherte – Rehabilitationsantrag“ (Formular G100), außerdem die „Anlage zum Antrag (Bürostuhl)“ (Formular G3143) und eine schriftliche Diagnose des Arztes, versehen mit einer Begründung, wieso er ein entsprechendes Büromöbel für sinnvoll hält. Alternativ kann der Arzt das Formular „Ärztlicher Befundbericht zum Antrag auf Leistung zur Rehabilitation“ ausfüllen. „Sämtliche Formulare befinden sich auf der Homepage der Deutschen Rentenversicherung zum Download – entweder einzeln oder als Sammelmappe“, erklärt Grit Wolter.

Sind die Anträge und Atteste eingereicht, dauere die Bearbeitung der Regel nicht lang. Grit Wolter spricht von Tagen, nicht Wochen. Ist der positive Bescheid eingegangen, steht der Gang zum Fachhändler an, wo sich der Patient beraten lassen und auf verschiedenen Stühlen probesitzen sollte. „Es steht dem Patienten dann frei, ob er die Rechnung vorschießen möchte und den Kaufpreis von uns dann erstattet bekommen möchte – oder, ob er die Rechnung einreichen will, und die Deutsche Rentenversicherung den Betrag für ihn begleicht.“

Eine Obergrenze für die Teilhabe gibt es übrigens nicht. „Alle Anträge werden von unserem sozialmedizinischen Dienst anhand der ärztlichen Diagnose geprüft“, bestätigt Grit Wolter. Das sei wesentlich, weil bei manchen Diagnosen zum Beispiel ein Stuhl nicht ausreiche oder auch ein höhenverstellbarer Tisch sinnvoll sei, der dann obendrauf bewilligt werde. Ein abschließendes Wort zur Kommunikation: Anträge müssen aus Beweisgründen per Post eingereicht werden, zur Fristwahrung ist auch eine Antragsstellung per E-Mail zunächst ausreichend – Belege müssen per Post und unterschrieben nachgereicht werden.

Der richtige Draht zur richtigen Stelle

FORMULAR-DOWNLOAD

Das Formularpaket „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ steht auf der Homepage der Deutschen Rentenversicherung zum Download:

(Services -> Formulare & Anträge -> Rehabilitation -> Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben).

Das jeweils aktuelle Formular „Anlage zum Antrag“ steht auf der Homepage der Deutschen Rentenversicherung zum Download:

(Services → Formulare & Anträge → Rehabilitation → Anlage zum Antrag)

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